Das Saarland will an Öffnungen festhalten - aber nicht um jeden Preis

| Politik Politik

Trotz Kritik will das Saarland an seinem geplanten Modellprojekt für Lockerungen durch massenhaftes Testen festhalten. Allerdings schloss Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) am Montagabend nicht aus, dass es sich verzögern könnte, wenn die Zahl der Corona-Infektionen stark steigt. Eigentlich soll das Projekt am Dienstag nach Ostern starten.

«Selbst wenn wir wegen exponentiellem Wachstum einer 3. Welle nicht zum 6.4. starten könnten - das Saarland-Modell wird kommen. Mehr Tests, mehr Impfen, mehr App, mehr Freiheit, mehr Umsicht», twitterte der Regierungschef am Abend. Er unterstrich zugleich: «Die Menschen wollen Perspektive; sind bereit, dafür was zu tun und weiter zurückhaltend zu sein.»

Das Saarland will vom 6. April an Kinos, Theater, Fitnessstudios und die Außengastronomie wieder öffnen. Voraussetzung für Gäste, Besucher und Nutzer ist ein tagesaktueller negativer Schnelltest.

Zuvor hatte Hans das Vorhaben trotz Kritik verteidigt. «Wir werden diese Strategie weiterverfolgen», sagte der Ministerpräsident am Mittag in Ottweiler. Es handele es sich «im Übrigen um eine sehr vorsichtige Strategie», die ab dem 6. April schrittweise umgesetzt werden solle. «Wir sorgen mit dem Saarland-Modell dafür, dass Aktivitäten, die im Moment drinnen stattfinden, im Verborgenen, ins Freie kommen», sagte er.

Im Freien gebe es ein niedrigeres Risiko, sich zu infizieren. «Und wenn draußen im eigenen Garten zehn Personen zusammenkommen, oder auch in einem Biergarten sich hinsetzen mit einem negativen Test, ist das eben besser, als wenn man heute in den Kellern, sozusagen im Verborgenen und an der Verordnung vorbei, zusammenkommt», sagte er. Deswegen sei die Strategie «ein Beitrag dazu, die Infektionszahlen nach unten zu bringen und ein Beitrag zur Vorsicht in Deutschland».

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Sonntagabend allen geplanten Lockerungen und Modellprojekten in der Pandemie angesichts der dritten Corona-Welle eine klare Absage erteilt. In der ARD-Sendung «Anne Will» sprach sie von einer «sehr gewagten Ankündigung» des Saarlandes. Die Infektionszahlen seien dort nicht stabil: «Deshalb ist das nicht der Zeitpunkt, jetzt so was ins Auge zu fassen.»

Zudem übte sie massiven Druck auf die Länder aus, um diese zum Umsetzen der Notbremse und noch schärferer Maßnahmen zu bewegen. Merkel deutete auch an, dass der Bund tätig werden könnte, wenn die Länder nicht die nötigen Maßnahmen ergreifen sollten.

«Ich halte es für ein falsches Signal, mit Botschaften wie ein Bundesgesetz jetzt sozusagen in die Öffentlichkeit zu gehen - nach dem Motto: "Das Einzige, was hilft, ist, wenn der Bund das regelt"», sagte Hans dazu. «Wenn der Bund entscheidet, Gesetzgebungskompetenz zu übernehmen, dann kann er das selbstverständlich machen. Er wird am Ende die Länder aber wieder brauchen, so etwas im Bundesrat durchzusetzen.»

Er setze «weiterhin darauf, dass die Länder zusammen mit der Bundesregierung Entscheidungen treffen. Damit sind wir bisweilen recht ordentlich durch die Pandemie gekommen».

Weitere Öffnungsschritte könne es nach dem 18. April geben, hatte Hans vergangene Woche angekündigt: In der Gastronomie, beim Ehrenamt, in den Schulen.

Das «Saarland-Modell» sei «kein Experiment, das in Kauf nimmt, dass mehr Menschen erkranken oder gar sterben», sagte Hans am Montag. «Wir werden, wenn exponentielles Wachstum kommt, im Geleitzug aller Länder auch wie immer dann auch Öffnungsschritte zurücknehmen müssen.» Das Saarland habe derzeit eine der niedrigsten Sieben-Tage-Inzidenzen in Deutschland. Am Montag lag der Wert laut Robert Koch-Institut bei 78,9. Zudem verfüge es über einer ausgeprägte Test-Infrastruktur.

Harte Maßnahmen in der Pandemie seien nötig gewesen, als es noch keinen Impfstoff gegeben habe und viele Menschen gestorben seien. Jetzt aber könne man «nicht mehr nur allein auf diese repressiven Methoden wie den nächsten großen Lockdown setzen», sagte Hans. Regelmäßige Testungen zwei Mal wöchentlich könnten laut Studien den R-Wert um 0,8 Punkte nach unten bringen. «Darauf setzen wir.» (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Die geplante Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie steht vor der finalen Abstimmung im Bundesrat. Das Land Niedersachsen knüpft seine Zustimmung an die Bedingung, dass eine Pflicht zur digitalen Bezahlung eingeführt wird.

Die Gewerkschaft NGG und der DEHOGA Rheinland-Pfalz stecken in festgefahrenen Tarifverhandlungen. Der DEHOGA wirft der NGG vor, Lohnsteigerungen für 100.000 Beschäftigte mit realitätsfernen Forderungen zu blockieren und die schwierige Wirtschaftslage der Betriebe zu missachten. Der Branchenverband fordert eine rasche Rückkehr an den Verhandlungstisch.

Der Nationale Normenkontrollrat hat sein Maßnahmenpaket zum Bürokratieabbau aktualisiert. Mehrere der 77 konkreten Vorschläge entsprechen langjährigen Forderungen des Gastgewerbeverbands DEHOGA und zielen auf eine deutliche Entlastung bei Arbeitsrecht und Arbeitsschutz ab.

Die Tarifverhandlungen für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Rheinland-Pfalz befinden sich in einer kritischen Phase. Während der Arbeitgeberverband DEHOGA Rheinland-Pfalz ein mehrstufiges Angebot für Gehaltswachstum vorlegt, kritisiert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Landesbezirk Südwest dieses als „Mogelpackung“.

Nahtloser Einstieg statt Hängepartie: Das sächsische Innenministerium hat einen Erlass verabschiedet, der den Berufseinstieg von ausländischen Azubis und Studierenden vereinfacht. Vom Verband gibt es dafür Lob.

Der Bayerische Landtag hat einen Gesetzesentwurf beschlossen, der Städten und Gemeinden in Bayern ab Januar 2026 die Einführung eigener Einweg-Verpackungssteuern untersagt. Das Verbot schränkt die kommunalen Handlungsmöglichkeiten in diesem Bereich ein.

In der EU bleibt die Zukunft von Namen wie «Tofu-Wurst», «Soja-Schnitzel» oder «Veggie-Burger» für vegetarische Produkte zunächst offen. Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments konnten sich nach intensiven Verhandlungen in Brüssel zunächst nicht auf neue Vorgaben einigen. Die Entscheidung wurde auf einen späteren Zeitpunkt vertagt. 

Beim Kauf von Koteletts soll künftig auch ein amtliches Siegel über die Zustände in den Ställen informieren. Der Start verzögert sich weiter. Für eine Ausdehnung gibt es nun aber ein Datum. Das verpflichtende Logo soll auch für die Außer-Haus-Verpflegung in Restaurants und Gaststätten greifen. 

Sternekoch Alexander Herrmann tritt bei der Kommunalwahl 2026 als CSU-Kandidat für den Kreistag Kulmbach an. Der bekannte Gastronom steht auf dem 50. und damit letzten Listenplatz.

Schleswig-Holsteins schwarz-grüne Landesregierung will der geplanten steuerlichen Entlastung für Pendler, Gastronomen und Ehrenamtler kommende Woche im Bundesrat zustimmen. Die Gastronomie sei zentral für ihr Land als Tourismus-Standort, wirtschaftlich wie kulturell, so Ministerpräsident Daniel Günther.