EU-Gericht kippt Kommissionsbeschluss zu Starbucks-Steuernachzahlung

| Politik Politik

Von Alkimos Sartoros, dpa

Die US-Kaffeehauskette Starbucks hat nach einem Urteil des EU-Gericht nicht von unerlaubten Steuervorteilen in den Niederlanden profitiert. Die Luxemburger Richter kippten am Dienstag eine entsprechende Entscheidung der EU-Kommission (Rechtssachen T-760/15, T-636/16). Bei einem ähnlichen Fall von Fiat in Luxemburg bestätigten die Richter dagegen den Beschluss der EU-Wettbewerbshüter. Nun werden erneut Rufe nach einheitlichen und transparenten Steuerregeln in Europa laut.

Die EU-Kommission von Jean-Claude Juncker hatte sich den Kampf gegen Steuervermeidung großer Konzerne in den vergangenen fünf Jahren auf die Fahnen geschrieben. Zum einen legte sie eine Reihe von Gesetzesinitiativen vor. Zum anderen forderte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager nach jahrelangen Ermittlungen einige Staaten auf, von Großkonzernen unerlaubte Steuervergünstigungen zurückzuholen.

In den aktuellen Fällen hatten die Wettbewerbshüter 2015 befunden, dass Starbucks in den Niederlanden unerlaubte staatliche Beihilfen und Steuervorteile in Millionenhöhe erhalten habe. Die Kommission kam zudem zu dem Schluss, dass auch die Fiat-Gruppe in Luxemburg illegale Steuervergünstigungen bekommen habe. In beiden Fällen ging es um Rückforderungen von rund 20 bis 30 Millionen Euro. In ähnlichen Fällen ging die EU-Kommission auch gegen Amazon, Apple und Irland vor. Die Staaten und Unternehmen wehren sich vor Gericht gegen die Beschlüsse.

Das EU-Gericht kam nun zu dem Urteil, dass die Kommission bei Starbucks in den Niederlanden letztlich nicht verlässlich nachgewiesen habe, dass die Firma illegale Vorteile erhalten habe. Bei Fiat in Luxemburg wiesen die Richter hingegen die Beschwerden sowohl des Unternehmens als auch Luxemburgs zurück. Gegen die Urteile kann innerhalb von zwei Monaten vor dem letztinstanzlichen Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgegangen werden.

«Alle Unternehmen, groß und klein, sollten ihren gerechten Steueranteil zahlen», sagte Vestager nun. Dieses Ziel könne nur durch eine Mischung aus Gesetzesänderungen, Einhaltung der Wettbewerbsregeln und einem Unternehmenskulturwandel erreicht werden. Die vorliegenden Urteile sollten nun erst einmal analysiert werden.

Von Nichtregierungsorganisationen und aus dem Europaparlament kamen Forderungen nach umfassenden Steuerreformen. «Fall-für-Fall-Ermittlungen sind nicht die Lösung für großangelegte Steuervermeidung», sagte Oxfam-Steuerexpertin Chiara Putaturo. «Diese Urteile sind ein Weckruf für die EU.»

Der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold sagte: «Die Urteile zeigen den Handlungsbedarf für bessere EU-Gesetze gegen Steuervermeidung.» Es brauche schärfere Regeln. «Durch die Gerichtsurteile werden die Stärken und Schwächen der EU-Beihilfevorschriften bei der Bekämpfung von Steuerdumping offensichtlich.»

Das niederländische Finanzministerium zeigte sich erfreut. «Diese Entscheidung bedeutet, dass die Steuerbehörde Starbucks nicht besser oder anders behandelt hat als andere Unternehmen», teilte es in Den Haag mit. Die Regierung hatte jüngst erst angekündigt, bisher geltende günstige Steuerregelungen für multinationale Konzerne zu beenden. Bisher können diese Verluste im Ausland bei der Steuerbehörde in den Niederlanden geltend machen und ihre Steuer auf den Gewinn deutlich senken. So hatte der Öl-Konzern Shell etwa bestätigt, dass er von 2016 bis 2018 seine Gewinne nicht versteuern musste. Das war nach den geltenden Regeln legal.

Luxemburgs Regierung erklärte, sich konstruktiv an laufenden Reformdiskussionen beteiligen zu wollen.

Die gemeinsame Steuerpolitik in der EU ist traditionell ein Minenfeld, da einzelne Staaten Beschlüsse blockieren können. Ein Vorstoß der EU-Kommission zur Einführung eines einheitlichen Bemessungssystems zur Besteuerung von Unternehmensgewinnen etwa ist versandet. Auch ein Vorschlag zur Einführung einer Digitalsteuer für große Internetkonzerne scheiterte am Widerstand Irlands und der skandinavischen Länder.

Im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie der G20 arbeiten die führenden Industrienationen derzeit an einer umfassenden Reform des globalen Steuersystems. Eine Einigung soll im Jahr 2020 stehen.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Bundesrat hat am 19. Dezember 2025 dem Steueränderungsgesetz zugestimmt und damit den Weg für eine dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen frei gemacht. Ab dem 1. Januar 2026 gilt für den Verzehr von Speisen in Restaurants und Cafés unbefristet der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent.

Die Gastronomie bekommt dauerhaft den Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent, um die wirtschaftliche Existenz der Betriebe zu sichern. Da massiv gestiegene Kosten für Personal und Lebensmittel die Margen unter Druck setzen, planen die meisten Unternehmen keine Preissenkungen, sondern nutzen die steuerliche Entlastung zur Stabilisierung ihrer Geschäfte.

Mit der Rückkehr zu 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen zum 1. Januar 2026, kommen neue administrative Herausforderungen auf Gastronomen zu. Ein aktuelles Merkblatt des DEHOGA gibt nun wichtige Hinweise zur steuerlichen Behandlung von Silvesterveranstaltungen, Pauschalangeboten und Anzahlungen.

Mit Kurzarbeit können Unternehmen Flauten überbrücken, ohne Beschäftigte entlassen zu müssen. Derzeit läuft die Wirtschaft nicht wie erhofft. Die Regierung zieht Konsequenzen.

Die Institutionen der Europäischen Union haben sich im Trilog-Verfahren auf eine vorläufige Einigung zur neuen Zahlungsdiensteverordnung verständigt. Die Verordnung definiert die Rahmenbedingungen für Zahlungsdienste und Kartenzahlungen innerhalb der EU neu.

Der europäische Dachverband der Hotels, Restaurants und Cafés, Hotrec, hat, mit einer breiten Allianz europäischer Wirtschaftsvertreter an das Europäische Parlament appelliert, auf neue Vorgaben für Künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz zu verzichten. Statt neuer Gesetze wird ein zukunftsorientierter Ansatz gefordert.

Die geplante Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie steht vor der finalen Abstimmung im Bundesrat. Das Land Niedersachsen knüpft seine Zustimmung an die Bedingung, dass eine Pflicht zur digitalen Bezahlung eingeführt wird.

Die Gewerkschaft NGG und der DEHOGA Rheinland-Pfalz stecken in festgefahrenen Tarifverhandlungen. Der DEHOGA wirft der NGG vor, Lohnsteigerungen für 100.000 Beschäftigte mit realitätsfernen Forderungen zu blockieren und die schwierige Wirtschaftslage der Betriebe zu missachten. Der Branchenverband fordert eine rasche Rückkehr an den Verhandlungstisch.

Der Nationale Normenkontrollrat hat sein Maßnahmenpaket zum Bürokratieabbau aktualisiert. Mehrere der 77 konkreten Vorschläge entsprechen langjährigen Forderungen des Gastgewerbeverbands DEHOGA und zielen auf eine deutliche Entlastung bei Arbeitsrecht und Arbeitsschutz ab.

Die Tarifverhandlungen für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Rheinland-Pfalz befinden sich in einer kritischen Phase. Während der Arbeitgeberverband DEHOGA Rheinland-Pfalz ein mehrstufiges Angebot für Gehaltswachstum vorlegt, kritisiert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Landesbezirk Südwest dieses als „Mogelpackung“.