Grüne wollen Kurswechsel in Kreuzschifffahrt

| Politik Politik

Die Grünen dringen beim bevorstehenden Neustart des Kreuzfahrt-Tourismus auf einen grundlegenden Kurswechsel der Branche. «Weniger und sauberer - das muss die Devise werden», heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Positionspapier, das Fachpolitiker der Grünen-Bundestagsfraktion jetzt veröffentlicht haben. Darin prangern Claudia Müller, Markus Tressel und Stefan Schmidt als Sprecher für maritime Wirtschaft, Tourismus und Kommunalfinanzen das über Jahre hinweg ungebremste Wachstum mit immer größeren Schiffen, hohen Umweltbelastungen, schlechter Entlohnung des Personals und umfassender Steuerflucht in sogenannte Offshore-Paradiese an.

Die Corona-Pandemie hatte der weltweit boomenden Kreuzschifffahrt im Frühjahr ein Stoppzeichen gesetzt. Nachdem auch auf Schiffen Infektionen aufgetreten waren, sperrten einige Länder ihre Häfen. Wenig später wurden die Reisen gänzlich eingestellt. In Deutschland wollen die Reedereien nun das Geschäft wieder aufnehmen, zunächst mit Seereisen ohne Landgänge. So wird Tui Cruises am 24. Juli von Hamburg aus zur ersten Kurzkreuzfahrt in Richtung Norwegen starten. Hapag-Lloyd Cruises legt am 31. Juli von Hamburg in Richtung Dänische Südsee ab, und das in Rostock ansässige Kreuzfahrtunternehmen Aida wird am 5. August von Hamburg aus in der Nordsee unterwegs sein.

Präventions- und Hygienemaßnahmen

Für die Wiederaufnahme des Kreuzfahrtbetriebs hat sich die Branche bereits klare Regeln verordnet und nach Angaben des Dachverbandes Cruise Lines International Association (CLIA) umfassende Präventions- und Hygienemaßnahmen erarbeitet. «Für CLIA-Mitgliedsreedereien haben die Sicherheit und Gesundheit für Gäste und Crew oberste Priorität», hob Deutschland-Direktor Helge Grammerstorf in einer Mitteilung hervor. Hapag-Lloyd Cruises kündigte an, dass der Neustart sehr kontrolliert erfolgen werde. «Dabei gehen wir sogar über die behördlichen Bestimmungen hinaus», versicherte Karl J. Pojer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hapag-Lloyd Cruises, die vergleichsweise kleine Schiffe betreibt.

Auch auf anhaltende Kritik von Umweltschützern hat die Branche bereits reagiert. Bei Schiffsneubauten setzen Reeder nach eigenen Angaben inzwischen auf weniger umweltschädliche Antriebe. So stattete Aida erste Schiffe mit Motoren für Flüssigerdgas aus. Zudem steht in immer mehr Häfen Landstrom zur Verfügung, so dass die Schiffsdiesel bei den Liegezeiten dort nicht mehr für die Stromversorgung an Bord laufen müssen.

Den Grünen ist das nicht genug: «Zum Saisonstart erwarte ich, dass die Kreuzschifffahrt mehr Nachhaltigkeit kontinuierlich umsetzt und nicht wieder nur Änderungen ankündigt», machte die Stralsunder Bundestagsabgeordnete Claudia Müller als Mitinitiatorin des fünfseitigen Forderungskatalogs deutlich. Die Branche müsse die Krise nutzen und sich neu aufstellen. «Häufige Verschmutzung von Luft und Meeren, Ausbeutung von Beschäftigten sowie Verschieben von Gewinnen in Steueroasen waren alles andere als nachhaltig», bemängelt sie. Nur mit fairen Arbeitsbedingungen, sauberen Schiffsantrieben und wirtschaftlicher Transparenz könne verlorene Akzeptanz zurückerlangt werden.

"Zu hoher sozialer und ökologischer Preis"

«Für das bisherige steile Wachstum der Kreuzfahrtbranche wurde in der Vergangenheit ein zu hoher sozialer und ökologischer Preis bezahlt», kritisierte Stefan Schmidt aus Bayern. «Jetzt wäre eine gute Gelegenheit, das Problem Overtourism anzugehen», sagte der Saarländer Markus Tressel.

Die Grünen-Politiker plädieren in ihrem Papier für einen Neustart «mit Augenmaß und Weitblick». So sollen neue Antriebstechnologien, die Nachrüstung älterer Schiffe und die Versorgung mit Landstrom in den Häfen den Schadstoffausstoß spürbar verringern. Reisen zu besonders sensiblen Zielen wie Venedig, Dubrovnik oder in die Polarregionen sollen Grenzen gesetzt werden. Die Passagierzahl je Schiff soll weltweit auf maximal 5000 begrenzt werden, für arktische und ähnlich schützenswerte Gebiete auf bis zu 500. In Wismar wird derzeit für einen asiatischen Auftraggeber ein Schiff gebaut, das Platz für 9000 Reisende bieten soll.

Die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung für Schiffspersonal sollen über neue, international verpflichtende Standards verbessert werden. Das «Ausreizen von Steuersparmodellen» etwa mit Firmensitzen großer Kreuzfahrtunternehmen in Panama, Liberia oder auf den Bermudas soll auf internationaler Ebene konsequent eingedämmt werden. Technische Innovationen in der Schiffbaubranche sollen staatlich gefördert, die Zuschüsse aber an Nachhaltigkeitskonditionen geknüpft werden.

Akzeptanz in der Gesellschaft nötig

Damit die Kreuzschifffahrt nach der Covid-19-Pandemie wieder eine Zukunft haben könne, brauche sie die Akzeptanz in der Gesellschaft, schreiben die Verfasser. Als erste Schritte in Folge der Corona-Pandemie erwarten sie die konsequente Einhaltung geltender Hygiene- und Gesundheitsstandards, die Reduzierung der Passagierzahlen, Intervallkontrollen auf Infektionen an Bord und die Schaffung möglicher Quarantänebereiche.

Die Zahl deutscher Kreuzfahrtpassagiere war nach Branchenangaben im vergangenen Jahr erstmals auf über drei Millionen gestiegen. Die Verbände DRV, Clia und IG River Cruises zählten demnach insgesamt 3,1 Millionen Gäste. Rund 2,5 Millionen Gäste buchten Hochseekreuzfahrten (Vorjahr: 2,2 Millionen), etwa 540 000 Flussreisen (2018: 496 000). Für das laufende Jahr rechnen die Veranstalter mit einem massiven Einbruch der Gästezahlen und Umsätze. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) erwägt ein Subunternehmerverbot für Essenslieferdienste wie Uber Eats, Wolt und Lieferando. Die Maßnahme soll nach einer rbb-Recherche, in der auf mögliche kriminelle Strukturen in der Branche hingewiesen wurde, effektiver gegen zahlreiche Verstöße gegen das Arbeitsrecht vorgehen.

Der Bundestag hat das Steueränderungsgesetz 2025 beschlossen. Das Gesetz setzt die im Koalitionsausschuss vereinbarten steuerlichen Rechtsänderungen um. Zu den zentralen Beschlüssen gehört die dauerhafte Senkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie auf sieben Prozent.

Gastronomen, Pendler sowie Ehrenamtler sollen steuerlich entlastet werden. Ein entsprechendes Gesetz hat der Bundestag in Berlin beschlossen. Nun muss noch der Bundesrat den Weg für das Branchenanliegen freimachen.

Die große Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland spricht sich für eine Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf maximal 8 Stunden aus. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse des nun vorgestellten DGB-Index Gute Arbeit 2025.

Eine Umfrage beleuchtet die Herausforderungen der DSGVO-Umsetzung in der deutschen Wirtschaft. Unternehmen fordern mehrheitlich eine umfassende Reform der europäischen Datenschutzregeln, um die Digitalisierung und die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz nicht weiter zu behindern.

Bundesernährungsminister Alois Rainer hat die geplante Novellierung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes verschoben. Die Ausweitung der Kennzeichnung auf weitere Tierarten und die Einbeziehung der Gastronomie sind weiterhin strittige Punkte, während die Bezahlbarkeit von Lebensmitteln für den Minister im Vordergrund steht.

Der Deutsche Bundestag hat den Haushalt 2026 verabschiedet. Das zentrale Element aus Sicht des Gastgewerbes ist die Verankerung der auf sieben Prozent gesenkten Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie. Der DEHOGA zeigte sich zuversichtlich, dass nun auch die Mehrheit der Bundesländer im Bundesrat den Weg für das Branchenanliegen freimachen wird.

Die neue Budgetverteilung im Bundeshaushalt 2026 stößt beim Deutschen Tourismusverband auf gemischte Reaktionen. Während der Etat für Kunst und Kultur bejubelt wird, sorgt eine weitere Kürzung der zentralen Tourismusförderung für Unmut.

Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz fordert, Werkverträge bei Essenslieferdiensten zu verbieten. Auch die Gewerkschaft NGG unterstützt den Plan. Ähnliches gibt es schon in anderen Branchen.

Europa-Park-Gründer Roland Mack hat im Umgang mit der AfD für einen offenen Austausch geworben. Dass man mit Menschen spreche, die immerhin einen hohen Anteil an Wählerstimmen ausmachten, halte er für notwendig und richtig, so der 76-Jährige in einem Gespräch mit dem «Südkurier».