Mieten und Pachten: Bund-Länder-Runde erkennt „Veränderung der Geschäftsgrundlage“ durch Corona-Maßnahmen an

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Justizministerin Lambrecht will das Mietrecht ändern und bekommt jetzt Rückendeckung von den Ministerpräsidenten. Am Sonntag hat die Bund-Länder-Runde festgestellt, dass Beschränkungen in Folge der Pandemie eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage darstellen können. [Hier der Beschluss im Original, hier relevant, Punkt 15]

Im Kern geht es um die Frage, ob der Mieter einer Immobilie das alleinige Risiko bei der, in diesem Fall, Corona-bedingten Schließung der Geschäftsräume trägt oder ob der Vermieter ebenfalls am Ausgleich der Lasten zu beteiligen ist.

 

Lambrecht geht davon aus, dass die Einschränkung der Nutzung von angemieteten Flächen durch staatliche Beschränkungen regelmäßig die Störung der Geschäftsgrundlage für ein Mietverhältnis bedeutet, so die Politikerin (Tageskarte berichtete). 

In Ihrem Beschluss vom 13.12.2020 schreiben nun die Bunderegierung und die Ministerpräsidenten unter Punkt 15, dass „für Gewerbemiet- und Pachtverhältnisse, die von staatlichen Covid-19-Maßnahmen betroffen sind, gesetzlich vermutet wird, dass erhebliche (Nutzungs-) Beschränkungen in Folge der Covid-19-Pandemie eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage darstellen können. Damit werden Verhandlungen zwischen Gewerbemietern bzw. Pächtern und Eigentümern vereinfacht.“

Damit stären die Regierungschefs der Justizministerin den Rücken. Die allerdings zu bedenken gibt, das einen Gesetzesäderung nicht automatisch einen Anspruch auf Mietminderung bedeuten würde: „Natürlich müssen immer der Einzelfall und die konkreten vertraglichen Vereinbarungen geprüft werden“, stellte Lambrecht bereits in der letzten Woche klar. „Notfalls muss gerichtlich festgestellt werden, ob eine Anpassung des Vertrags verlangt werden kann. Damit schnell Rechtssicherheit erzielt wird, möchte ich ebenfalls festschreiben, dass diese Verfahren von den Gerichten beschleunigt behandelt werden.“

ZIA gegen rechtliche Anordnung

Der Zentrale Immobilien Ausschuss ZIA, der die Immobilieneigentümer vertritt ist von der Entwicklung wenig begeistert. Wie ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner kommentierte, sei der geplante Eingriff in die Systematik von Vertragsverhältnissen nicht nachvollziehbar. „Die pauschale Anwendbarkeit des Wegfalls der Geschäftsgrundlage auf Mietverträge lehnen wir daher entschieden ab. Bilaterale und passgenaue Vertragsanpassungen können die Vertragsparteien besser selbst als durch rechtliche Anordnung aushandeln. Das haben die Beteiligten in den letzten Monaten bereits bewiesen“, so Mattner.

Dorint-Chef Iserlohe schießt gegen ZIA

Dirk Iserlohe, Aufsichtsratsvorsitzender der Dorint Hotelgruppe, kritisiert in einem offenen Brief an den ZIA-Präsidenten Mattner die "kurzsichtige und darwinistische Einstellung" der Immobilien-Lobbyisten. Er wirft dem Verband vor, sich einem Interessensausgleich zwischen Vermietern und Verpächtern und den durch die Corona-Krise schwerwiegend belasteten Mietern und Pächtern zu verweigern. „Es ist doch verantwortungslos, sich gegen einen fairen Interessensausgleich auszusprechen und damit beizutragen, vermeintlich das Vermögen der Verpächter zu erhalten“, schrieb Iserlohe in der letzten Woche.

So kritisiert DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges seit Monaten das mangelnde Entgegenkommen vor allem großer Eigentümer bei in Pachtrückstand geratenen Unternehmern. „Es gibt Verpächter, die kommen ihren Gastronomen und Hoteliers entgegen – häufig gilt: je kleiner, umso vernünftiger und weitsichtiger“, sagte sie. Aber gerade in den Innenstädten sei das die Ausnahme. „Dort bestehen vor allem die großen Verpächter und Immobilienfonds auf 100 Prozent der Pachtzahlung“, berichtet Hartges.

Dabei gehe es um das Überleben der Innenstädte, in denen es nach wie vor häufig gespenstisch aussehe. „Hier muss der Gesetzgeber eingreifen und einen grundsätzlichen Anspruch auf Pachtminderung aufgrund der Covid-19-Pandemie schaffen. Auf dieser Basis können die Parteien dann verhandeln.“ Es gehe um eine angemessene Risikoverteilung zwischen Verpächtern und Pächtern, meint Hartges. „Es ist völlig inakzeptabel, wenn allein die Pächter für die Folgen der Krise aufkommen müssen.“

Erstmals hat kürzlich ein Landgericht einem Einzelhändler die Minderung der Miete wegen der Corona-bedingten Schließung gestattet. In Hotellerie und Gastronomie wächst die Hoffnung, dass nun auch andere Gerichte so urteilen könnten. Es gibt aber auch schon konträre Urteile. (Tageskarte berichtete) (Mit Material der dpa)

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