Der Hotelier Marek Gawel vom Bellevue Rheinhotel in Boppard macht seinem Unmut über die aktuelle Lage in Deutschland Luft. In einer Pressemitteilung, die Gawel auch über Social Media verbreitete, schreibt der Unternehmer über die „politische Demoralisierung des Mittelstandes während der Corona-Pandemie“. Gawel fordert die Politiker auf, ihre „unprofessionelle Arbeitsweise“ zu beenden.
Gawels Text: „Das Vertrauen in die Politik ist aufgebraucht. Das Grundgesetz wird missachtet. Die Entscheidungsfindung ist weder nachvollziehbar noch vermittelbar. Deutschland im Jahre 2021 ist ein Schatten seiner selbst.
Voller Wehmut schaut die aktuelle Generation auf eine Zeit zurück, von denen ihre selbständigen Eltern heute mit leuchtenden Augen erzählen und warum es für sie damals so erstrebenswert war, den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen. Ausgeprägter Unternehmergeist und Mut gehörten damals wie heute genauso dazu wie fachliche Expertise und betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Mit diesen Voraussetzungen müssen nur die Rahmenbedingungen im Land stimmen, die die Politik schafft. Sie sorgt für Anreize, gibt Sicherheit und bietet Perspektive. Früher war das so - heute demoralisiert sie - systematisch!
Die heutigen bürokratischen Rahmenbedingungen sind inakzeptabel geworden. Die steigenden Anforderungen wie Datenschutz, Aufzeichnungspflicht und weiterer branchenspezifischen Regulierungen sind nur Beispiele. Jeder Selbstständige stellt seinen Betrieb in der Regel auf die geänderten Bedingungen ein, auch wenn er sich nicht immer mit der Maßnahme einverstanden zeigt. Hierbei ist der Faktor Vertrauen in das bestehende System entscheidend. Besteht dieses, trägt der Unternehmer die Maßnahme „mit Fassung“.
Als Selbstständiger fällt es mir zunehmend schwer, dem politischen System und den gewählten Vertretern in unserem Land mein Vertrauen auszusprechen. Warum? Die Pandemie deckt ihre Fehler und Unzulänglichkeiten schonungslos auf. Unsere Politiker wirken inkompetent, überfordert und vermitteln Perspektivlosigkeit. Das Prinzip „Hoffen“ (Impfstoff) ist dem schlagfertigen Pragmatismus einer vergangen Politelite um Willi Brandt, Franz-Josef Strauss, Helmut Schmidt, Hans-Dietrich Genscher und Helmut Kohl gewichen. Mir fehlt das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der aktuellen Volksvertretergeneration.
Während des ersten Lockdown war die Situation neu und somit das Verständnis für Fehlentscheidungen noch vorhanden. Über den Sommer haben insbesondere Unternehmer branchenübergreifend gezeigt, dass sie sich mit der angekündigten zweiten Welle auseinandergesetzt und Hygienekonzepte entwickelt haben. Mit Verkündung des zweiten Lockdown wurde offensichtlich, dass das politische Establishment eben diese Vorbereitung sträflich vernachlässigt hat. Wo waren z.B. die Hygienekonzepte für Schulen und Kindergärten? Das wird unserem Land nun zum Verhängnis. Durchhalteparolen und Apelle verfehlen nun ihre Wirkung denn die Gesellschaft hat das Vertrauen verloren. Die betroffenen Unternehmer, angesichts versprochener Hilfen und deren unprofessionellen Umsetzung schon längst.
Das seit gut einem Jahr unsere Grundrechte teilweise massiv eingeschränkt werden (Bsp. Art 4 „Religionsausübung“; Art. 8 „das Versammlungsrecht“ oder Art 12 „freie Berufsausübung“) möchte ich in dieser Form auch nicht weiter akzeptieren. Das sich die politische Landschaft von der Gesetzgebung durch Bundestag, Bundesrat und Bundespräsident verabschiedet hat befremdet mich zutiefst. Wo ist hier die Legitimation für dieses Vorgehen manifestiert worden? Grundrechte sind für mein Verständnis besonders dann zu wahren, wenn wir uns im Ausnahmezustand wähnen. Die Gesellschaft benötigt sie, um das Vertrauen aufrecht zu erhalten. Das Grundgesetz wurde am 23. Mai 1949 unterschrieben und die politische Situation vor diesem Datum ist hinreichend bekannt.
Wir leben in einer gewählten Demokratie und unser Wertemanifest wird aufgrund eines Virus in seinen Grundfesten erschüttert, ohne dass über Einschränkungen debattiert oder abgestimmt wurde. Der Marketingagentur der Bundesregierung fällt dazu nur ein, dass sie den Bürgern empfiehlt, während der Einschränkung ihrer Grundrechte in den Waschbärmodus auf der Couch zu verfallen. Als Unternehmer frage ich mich ob das noch Satire ist oder bereits Hohn und Spott? Wie bewertet die Judikative dieses Landes eigentlich dieses Vorgehen und warum schreitet sie nicht ein? Ist die Gewaltenteilung in unserem Land überhaupt noch aktiv oder intakt?
Die Perspektive für uns Unternehmer ist düster. Es lag und liegt es in unserer DNA, dass wir auch dann weitermachen wenn der Weg steinig oder aussichtslos erscheint. In Anbetracht der aktuellen Situation empfinde ich das aktuell Klima für die Selbstständigkeit als vergiftet. Verlässt sich die Politik etwa auf unsere aufopferungswürdige Leidenschaft bis zum Ausbluten und lässt damit bewusst einige Branchen wie die Hotellerie, Gastronomie, deren Zulieferketten, den stationären Einzelhandel, Veranstalter, Messebauer, Musikschulen, Konzertveranstalter und Künstler (die Liste ist beliebig fortzuführen) außer Acht oder opfert diese bewusst? Welches Signal vermittelt sie an die bestehenden und zukünftigen Unternehmergenerationen? Deutschland war einst stolz auf seinen Mittelstand und andere Industrienationen beneiden unser Land für dessen Innovation und Schaffenskraft deren Ergebnisse weltweit bis hin zum Status des „Hidden Champion“ gefeiert wird.
Als Unternehmer, Familienvater und Bürger muss ich den drei Gewalten unseres Landes nunmehr die rote Karte zeigen. Sie, sehr geehrte Volksvertreter, geben ein jämmerliches Bild ab. Ihre Arbeitsweise zerstört dieses Land in der gleichen Form wie der Virus selbst.
Dieses Statement verfasse ich in dem festen Glauben, dass es in unserem Land noch möglich ist sich frei zu äußern und unser Grundgesetzt nach Art. 5 (freie Meinungsäußerung) noch besteht, ohne direkt den Makel eines „Querdenkers“ angeheftet zu bekommen, zu denen ich mich persönlich nicht zähle.
Meine Forderung an die Politik: Handeln Sie jetzt, denn Ihre Leistungsträger haben keine Lust mehr auf diese unprofessionelle Arbeitsweise. 2020 hatten wir ein Virusproblem. 2021 haben wir dieses noch immer, aber zusätzlich ein politisches Führungsproblem. Kehren Sie auf den tugendhaften Weg Ihrer Vorgänger zurück, andernfalls ist der Vertrauensverlust in unser politisches System irreparabel.“
Marek Gawel